Erster Silizium-Carbid-Frequenzumrichter des IEM erfolgreich in Betrieb genommen
Das Institut für Elektrische Maschinen (IEM) der RWTH Aachen University hat nach eineinhalbjähriger Entwicklung den ersten selbstentwickelten SiC-Frequenzumrichter am Prüfstand erfolgreich in Betrieb genommen. Der neue Inverter erweitert die Prüfmöglichkeiten des IEM für Antriebe mit hoher Drehzahl und hohen elektrischen Leistungen.
Der Trend moderner Traktionsantriebe hin zu immer höheren Drehzahlen bei steigender elektrischer Leistung bringt herkömmliche IGBT-Frequenzumrichter an ihre Grenzen. Einhergehend mit der steigenden Drehzahl der Antriebe steigt oftmals die nötige Schaltfrequenz der Halbleiter, um den Oberwellen-gehalt der Ströme zu verringern. Um auch in Zukunft schnelldrehende Maschinen mit großer Leistung am Prüfstand messtechnisch charakterisieren zu können, wurde am IEM ein Frequenzumrichter auf Silizium-Carbid (SiC)-Basis speziell für die Bedürfnisse am Maschinenprüfstand entwickelt. Mit einer Zwischenkreisspannung von bis zu 800 VDC , einem maximalen Strangstrom bis 800 ARMS und einer Schaltfrequenz von bis zu 30 kHz wurde dieser Inverter nun erfolgreich in Betrieb genommen.
Der Umrichter mit Spannungszwischenkreis ist in einer 2-Level Topologie aufgebaut. Für jede der drei Halbbrücken wurden je zwei SiC-Halbbrücken-Leistungsmodule des Herstellers Cree Wolfspeed parallelgeschaltet. Jede Halbbrücke wird wassergekühlt und ist separat Kühlmitteldurchfluss und Temperatur überwacht. Die Zwischenkreiskondensatoren wurden durch eine am IEM entworfene Sammelschiene mit minimaler Streuinduktivität an die Leistungsmodule angebunden. Zur Ansteuerung der Leistungshalbleiter wurden eigens Treiber-Platinen am IEM entwickelt und aufgebaut, welche das zeitlich synchrone Schalten der parallelgeschalteten Halbleiter sicherstellen. Die Temperatur- und Überstromüberwachung findet ebenfalls auf diesen Leiterplatten statt. So ist sichergestellt, dass der Umrichter im Fehlerfall unverzüglich in einen sicheren Betriebszustand wechselt. Speziell für den Einsatz im Prüffeld können mit Hilfe der selbstentwickelten Treiber die Schaltgeschwindigkeiten der Halbleiter individuell angepasst werden. Somit kann auf die Anforderungen der Isolationssysteme der elektrischen Maschinen eingegangen werden. Die Signalübertragung zwischen den Treibern und einem zentralen Mikroprozessor findet vollständig differentiell statt. Er stellt die Umrichterdaten wie Kühlmitteldurchflussmenge, Temperatur der Halbleiter und den Betriebszustand der Treiber auf einer Web-Oberfläche dar und überwacht diese.
Ein weiteres Hauptaugenmerk bei der Entwicklung lag auf dem EMV-gerechten Aufbau des Umrichters. Ein DC-Zwischenkreisfilter, einzeln durch Y-Kondensatoren angebundene Halbbrücken und ein durchdachtes Schirmungskonzept ermöglichen einen störungsfreien Prüfstandbetrieb. Bei der Konstruktion des Gehäuses wurde darauf geachtet, dass nötige Umbauten für spezielle Prüfstandeinsätze leicht zu erledigen sind. Dazu gehören unter anderem doppelt ausgeführte Stromsensoren. Jeder Halb-brückenzweig ist mit je zwei Stromsensoren ausgestattet, um den Motorregler und extern angeschlossene Leistungsmessgeräte gleichermaßen mit Messsignalen versorgen zu können. Des Weiteren können LCR-Filter am Umrichterausgang eingebaut werden, um eventuelle Spannungsüberschwingen am Motoranschluss zu reduzieren. Der neue SiC-Frequenzumrichter ist nun im Prüffeld bei der Vermessung einer Antriebsachse aus dem Automotive-Bereich im Einsatz.