Allgemeines
Die Forschungsarbeiten am Institut für Elektrische Maschinen, kurz IEM, liegen in den Bereichen
- Entwurf,
- Berechnung,
- Messtechnik,
- Antriebsregelung und
- Betrieb von elektrischen Maschinen.
Das IEM ist mit seiner mechanischen Werkstatt in der Lage Prototypen und Funktionsmuster praktisch aufzubauen und auf einem der mehr als 35 am IEM vorhandenen Prüfstände zu vermessen. Messtechnik für die unterschiedlichsten Messaufgaben sowie Messelektronik wird am Institut entwickelt. Alle relevanten Maschinenarten finden in den Forschungsarbeiten
Berücksichtigung. Um die relevanten Forschungsthemen abdecken zu können, forschen am IEM vier Arbeitsgruppen.
Analyse und Modellierung
Die Gruppe „Analyse und Modellierung“ behandelt parasitäre Effekte. Hier geht es um die Charakterisierung von einzelnen physikalischen Erscheinungen, die analysiert und modelliert werden. Numerische und auch analytische Modelle finden Verwendung. Neben zahlreichen Industrieprojekten werden in dieser Gruppe auch verschiedenste DFG Projekte und eine Beteiligung an einer DFG-Forschergruppe bearbeitet. Schwerpunktthema am IEM ist unter anderem die Antriebsakustik, kurz NVH. Hier haben die Wissenschaftler des Institutes komponentenübergreifende Systemmodelle entwickelt, die es erlauben die verschiedenen Ursachen der Geräuschanregungen, wie zum Beispiel die Leistungselektronik, geometrische Details des Magnetkreises, Anregungen aus mechanischen Komponenten des Gesamtantriebsstrangs zu analysieren und Entwurfsregeln abzuleiten um diese Ursachen im Entwurfsstadium zu vermeiden. Lebensdauerbetrachtungen und die Entwicklung von neuartigen Isolierstoffsystemen stellen einen weiteren Schwerpunkt dieser Arbeitsgruppe dar. Messtechnisch
werden seit mehreren Jahren Lebensdaueruntersuchungen durchgeführt. Diese Daten werden dann verwendet um neue Isoliersysteme zu entwickeln und um dynamische Modelle hieraus abzuleiten. Experimentelle Wicklungsmodelle, sogenannte Motoretten werden theoretisch und auch in praktischen Versuchen unterschiedlichen Belastungsszenarien unterworfen, um verschiedene Schädigungseffekte getrennt voneinander zu untersuchen. Hierzu gehören mechanische, thermische und elektrische Schädigungseffekte. Durch moderne,
schnellschaltende Leistungselektronik werden große Spannungsflanken dU/dt dem Wicklungssystem eingeprägt. Dies kann zu einem verfrühten irreversiblen Ausfall des Wicklungssystems und zu Isolationsfehlern führen. Zur Charakterisierung der Wicklungsbelastung wird am IEM spezielle Messtechnik und Elektronik
entwickelt, die dann in den praktischen Versuchen eingesetzt wird. Neben den Isolierwerkstoffen beschäftigt sich das IEM auch mit der messtechnischen Charakterisierung von ferromagnetischen und permanentmagnetischen
Werkstoffen. Diese Arbeiten haben zu neuenWerkstoffmodellen geführt, die die physikalische Wirklichkeit des Werkstoffes sehr genau wiedergeben. Neuste Erkenntnisse bei den Werkstoffmodellen in diesem Bereich modellieren das Werkstoffverhalten durch die Mikrosystemparameter und durch relevante Parameter
der Fertigungstechnologie dieser Werkstoffe. Neuartige Schnittkantenmodelle wurden entwickelt, um beispielsweise den Fertigungsprozess des Stanzens oder Schneidens von Elektroblech zu simulieren. Kornorientierte, kurz GO, sowie nichtkornorientierte, kurz NO, Werkstoffe werden für verschiedenste Magnetisierungen untersucht. Messtechnisch können mit der am IEM vorhandenen Infrastruktur Werkstoffe von Gleichmagnetisierungen bis hin zu Frequenzen von 10 kHz untersucht werden. Messproben können auch mit eingeprägten mechanischen
Spannungen vermessen werden.
In verschiedenen Projekten werden unter anderem Anwendungen, wie zum Beispiel Mittelfrequenz-Leistungstransformatoren mit GO-Blechen entworfen und prototypisch aufgebaut. Mit Hilfe derWerkstoffmodelle werden auch Hochdrehzahlmaschinen mit hohen Grundfrequenzen von mehr als 1000 Hz entworfen
und prototypisch am Hochdrehzahlprüfstand vermessen.
In diversen Projekten wurde der Einfluss von Fertigungstoleranzen auf das Betriebsverhalten
von Antriebssystemen untersucht. Aktuelle Arbeiten am IEM beschäftigen sich mit der statistischen Verteilung solcher Einflüsse.
Simulation und Methoden
Im Fokus der Gruppe „Simulation und Methoden“ steht die Entwicklung von numerischen Verfahren zur Lösung von elektromagnetischen Feldproblemen. Über die Jahre ist am IEM eine eigene Softwareumgebung entwickelt und programmiert worden. Die Methode der finiten Elemente steht hier zentral. Zusammen mit anderen Softwareprodukten lassen sich hiermit multiphysikalische Fragestellungen in gekoppelten Modellen beantworten. Besondere Aufmerksamkeit wird großen dreidimensionalen Modellen gewidmet. Effektmodelle, die in der
Gruppe „Analyse und Design“ entwickelt werden, werden in dieser Gruppe zusammengeführt und im Quellcode der In-house Software pyMOOSE implementiert, um die Effektmodelle allen Mitgliedern im Institut zu Verfügung zu stellen. Neben den Implementierungsarbeiten werden in dieser Gruppe auch numerische Verfahren und Methoden entwickelt. Neuste von der DFG geförderte Arbeiten beschäftigen sich mit Methoden der Freiheitsgradreduzierung von numerischen Modellen.
Design und Diagnose
Das Aufgabengebiet in der Gruppe „Design und Diagnose“ geht von der Betrachtung einzelner elektromechanischer Bordnetzkomponenten bis hin zum Entwurf und der Entwicklung von Traktionsantriebsystemen für hybridisierter oder vollelektrischer Fahrzeuge. Hier werden die Modelle der Gruppe „Analyse und Modellierung“ und die Softwareumgebung der Gruppe „Simulation und Methoden“ eingesetzt um komplette Antriebsstränge mit speziellen Eigenschaften zu entwickeln. In größeren Projekten werden theoretisch und praktisch Antriebsstränge aufgebaut
und in Fahrzeuge integriert. In dem großen, öffentlich geförderten Projekt „e-performance“ wurde ein Sportfahrzeug, ähnlich dem Audi R8, mit am IEM entwickelten Hochdrehzahl-Antriebsstrangkomponenten ausgestattet. In dem ebenfalls öffentlich geförderten Projekt „e-generation“, wurde ein sehr kompakter elektrischer Antriebsstrang eines Porsche Boxster entwickelt und im Fahrzeug mit Straßenzulassung integriert. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit der Integration eines elektrischen Antriebssystems in einem landwirtschaftlichen Off-Road Fahrzeug, einem elektrifizierten Ackerschlepper. In weiteren Projekten erforschten die IEM Wissenschaftler hybride Antriebseinheiten.
Mechatronik und Systeme
Die vierte Arbeitsgruppe „Mechatronik und Systeme“ entfernt sich mit ihren Arbeiten ein wenig von der Komponente und beschäftigt sich mit dem gesamten Antriebssystem und dessen Betrieb bzw. Verhalten. Hier steht die Antriebsregelung im Fokus. Die sensorlose Antriebsregelung sowie die Entwicklung prädiktiver Regelungssysteme stehen hier im Vordergrund. Neuste Arbeiten beschäftigten sich mit der Realisierung schneller prädiktiver Regler für die Anwendung für das Torque-Vectoring in Elektrofahrzeugen. Theoretische Arbeiten sowie Messaufbauten zur messtechnischen Verifizierung werden am IEM entwickelt. Die Hochleistungsregelung und Betriebsführung einer großen Windkraftanlage wurde in einem anderen Projekt bearbeitet. Die theoretisch erarbeiteten Ergebnisse werden am Prüfstand verifiziert. Mit modernen Werkzeugen zur Entwicklung von Antriebs-Regelungssystemen, beispielsweise mit Rapid-Control-Prototyping Systemen (dSPACE) werden Prototypen in Betrieb genommen und vermessen. Die hierfür erforderliche elektronische Hardware wird am Institut entwickelt und gefertigt. Aus diesem Umfeld ist das IEM Spinn-Off CirQua GmbH entstanden.